Marketing auf Sichtweite
Was hat eine Kontaktlinsenverpackung mit Design zu tun?
Design ist Gestaltung – die grafisch-ästhetische Ebene ist aber auch hier erst der zweite Schritt.
Gestaltet wird ein Erlebnis; im besten Fall eine für den Nutzer hilfreiche Erfahrung – eine Experience mit Mehrwert. Ein positives Erlebnis, wird mit einer Marke, einem Produkt nachhaltig in Verbindung gebracht. Ein negatives Erlebnis allerdings auch!
Das Angebot mit dem eine positive Erfahrung oder ein positives Erlebnis in Verbindung steht, hat beste Aussicht auf Wiederkauf. Sich neu zu orientieren kostet Zeit und ist mit einem Risiko verbunden.
Nun wird auch schnell klar, dass nicht allein der Designer für das Design zuständig und verantwortlich sein kann. Es sind fast alle Bereiche in der Organisation, die das Bewusstsein für das Problem, die Erwartung und den Anspruch des Kunden haben müssen!
Jetzt komme ich auch wieder zu meinem banalen Beispiel der Kontaktlinsen.
Wir wissen das, im Wesentlichen aus haftungsrechtlichen Gründen, eine Vielzahl von Informationen auf Verpackungen, Beilegern oder Anleitungen sichtbar gemacht werden muss.
Das Verhältnis aus der bedruckbaren Fläche und der Anzahl der nötigen Informationen bestimmt dabei in der Regel die Schriftgrösse. Viel hilft viel; eine Priorisierung findet nur selten statt.
Rechtlich sicher und dabei den Kunden aus den Augen verloren. Die meisten Kontaktlinsenträger, so auch ich, lösen kein kosmetisches Problem, sondern möchten ihre mehr oder weniger stark ausgeprägte Sehschwäche kompensieren.
Nun stehen auf einer solchen Verpackung alle medizinisch ermittelten Daten des betreffenden Auges. Soweit so gut. Nur handelt es sich im Moment der Anwendung nicht um einen Arzt oder Apotheker. Es handelt sich um einen Nutzer (einen ganz normalen Menschen mit einem Problem), der im Moment der Anwendung weniger gut sehen kann, dafür aber entscheiden muss, welche Linse in das rechte und welche in das linke Auge gehört. Er will keine Daten – er will Links oder Rechts wissen – mehr nicht! Das sagt ihm aber die Verpackung nicht!
Liebe Marketer, Designer und Verantwortliche – wie wichtig ist euch euer Kunde?
Die Verpackung der Kontaktlinsen sind keine Schraubenverpackungen aus dem Baumarkt. Hier erwarte ich eine detaillierte Beschreibung des Inhalts. Die Kontaktlinsen werden im Abo zugeschickt. Leider hört die Personalisierung bei der Bedruckung des Adressaufklebers auf.
Da wirkt dann auch die regelmässig beigelegte kleine Tüte Gummibärchen (das tun die wirklich!) als wenig vertrauensbildende und sinnvolle Marketingausgabe.
In vielen Fällen braucht es keine neue Markt-, Image- oder Akzeptanzstudie, keine detaillierte Customer Journey. Ein grundlegendes Verständnis und Interesse für den Kunden und sein Problem ist der Ausgangspunkt für die Begeisterung!